Die Themen Erbschaft und Nachlass sind oft mit Emotionen und Fragen verbunden. Umso wichtiger ist es, Klarheit zu schaffen, damit im Erbfall alles geregelt ist. MdL und Fachanwalt für Erbrecht, Steffen Vogel, hat bei einem Vortrag in Viechtach die wichtigsten Aspekte zum Erben und Vererben beleuchtet. In diesem Blogbeitrag gehen wir auf die wesentlichen Punkte ein, die es bei der Nachlassplanung zu beachten gilt.
1. Güterstand und Erbteil: Ehepartner und die Wahl des Güterstands
Der Güterstand beeinflusst den Erbteil eines Ehepartners erheblich. Es gibt drei wesentliche Formen des Güterstands: die Gütertrennung, die Gütergemeinschaft und die Zugewinngemeinschaft.
- Zugewinngemeinschaft ist der häufigste Güterstand, der automatisch bei der Eheschließung gilt, wenn nichts anderes vereinbart wird. Im Erbfall hat der überlebende Ehepartner Anspruch auf den Zugewinnausgleich, was seinen Anteil am Nachlass erhöht.
- Gütertrennung hingegen bedeutet, dass beide Ehepartner ihr Vermögen während der Ehe unabhängig voneinander behalten. Hier erbt der überlebende Ehepartner weniger als bei der Zugewinngemeinschaft, es sei denn, es gibt keine weiteren Erben.
- Gütergemeinschaft sieht vor, dass das Vermögen beider Partner als gemeinschaftliches Vermögen betrachtet wird. Im Todesfall fließt das gesamte Vermögen in den Nachlass.
Durch die Wahl des Güterstands können Ehepartner also bewusst Einfluss auf die Erbfolge nehmen. Für diejenigen, die bestimmte Regelungen wünschen, kann eine Anpassung des Güterstands über einen Ehevertrag sinnvoll sein.
2. Pflichtteil und seine Bedeutung
Der Pflichtteil spielt besonders in Erbstreitigkeiten eine große Rolle, da es sich dabei um einen gesetzlichen Mindestanspruch handelt. Der Pflichtteil steht nahen Angehörigen zu, die in der gesetzlichen Erbfolge berücksichtigt werden, selbst wenn sie im Testament nicht bedacht sind.
- Pflichtteil als Geldanspruch: Es handelt sich um einen reinen Geldanspruch, der nicht durch Sachwerte wie Immobilien, Schmuck oder Wertpapiere abgegolten werden kann.
- Pflichtteil berechnen: Für die Pflichtteilberechnung wird der Wert des gesamten Nachlasses herangezogen. Der Pflichtteil beträgt in der Regel die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.
- Fristen für den Pflichtteil: Der Pflichtteil muss innerhalb von drei Jahren nach dem Erbfall geltend gemacht werden. Es ist wichtig, diese Frist einzuhalten, da der Anspruch sonst verfallen kann.
3. Gesamtrechtsnachfolge und Schulden des Erblassers
Der Erbe tritt in die Rechte und Pflichten des Erblassers ein, was bedeutet, dass er auch die Schulden des Verstorbenen übernimmt. Daher kann es sinnvoll sein, das Erbe in bestimmten Fällen auszuschlagen.
- Erbausschlagung: Eine Erbausschlagung ist möglich, wenn der Erbe innerhalb von sechs Wochen nach Bekanntwerden des Erbfalls eine entsprechende Erklärung beim Nachlassgericht abgibt. Dadurch entgeht man der Haftung für die Schulden des Erblassers.
- Gesamtrechtsnachfolge: Der Erbe übernimmt alle Rechte und Pflichten des Verstorbenen und haftet somit für Schulden. Wer diese vermeiden möchte, sollte die Erbsituation gut prüfen, besonders wenn sich hohe Verbindlichkeiten im Nachlass befinden.
4. 10-Jahres-Fristen und Schenkungen
Eine weitere bedeutende Frist im Erbrecht ist die 10-Jahres-Frist, die bei Schenkungen und Sozialhilferegressen eine Rolle spielt.
- Schenkungen und Erbschaftssteuer: Schenkungen, die der Erblasser innerhalb von zehn Jahren vor seinem Tod gemacht hat, können unter bestimmten Umständen in den Nachlass einfließen und zur Erbschaftssteuerpflicht führen.
- Sozialhilferegress: Sollte der Erblasser Sozialhilfe in Anspruch genommen haben, kann das Sozialamt unter Umständen auf Schenkungen der letzten zehn Jahre zugreifen, um die Kosten zurückzufordern.
Wer also größere Vermögenswerte zu Lebzeiten übertragen möchte, sollte diese 10-Jahres-Frist beachten, um unerwünschte Konsequenzen für die Erben zu vermeiden.
5. Testament: Eigenhändig oder notariell?
Ein Testament ist eines der wichtigsten Instrumente zur Regelung des Nachlasses. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, ein Testament zu erstellen:
- Eigenhändiges Testament: Ein solches Testament muss handschriftlich geschrieben, unterschrieben und idealerweise mit Datum und Ort versehen sein. Diese Angaben helfen bei Zweifelsfällen, festzustellen, welches Testament das aktuellste ist.
- Gemeinschaftliches Testament: Ehepartner können ein gemeinschaftliches Testament verfassen. Es reicht, wenn ein Partner den Text schreibt, jedoch müssen beide Partner eigenhändig unterschreiben. Ein Vermerk wie „dies ist unser letzter Wille“ kann helfen, Fälschungen vorzubeugen.
- Notarielle Beurkundung: Ein Testament muss nicht notariell beurkundet werden, kann aber Vorteile bringen. Beispielsweise wird es beim Notar in die amtliche Verwahrung genommen und im Todesfall automatisch eröffnet. Alternativ gibt es den Erbvertrag, der ebenfalls beim Notar geschlossen wird und bindende Wirkung entfaltet.
6. Beratung bei Fachanwälten für Erbrecht
Da das Erbrecht komplex ist und viele rechtliche Fallstricke birgt, empfiehlt sich eine Beratung bei einem Fachanwalt für Erbrecht. Eine professionelle Nachlassplanung kann helfen, Streitigkeiten zu vermeiden und sicherzustellen, dass der Nachlass im Sinne des Verstorbenen geregelt wird.
Ein Anwalt kann bei folgenden Fragen unterstützen:
- Wie sollte ein Testament aufgesetzt werden, um keine Zweifel an der Wirksamkeit aufkommen zu lassen?
- Welche Möglichkeiten gibt es, den Pflichtteil anzupassen oder zu mindern?
- Wann ist eine Schenkung sinnvoll und welche steuerlichen Aspekte sind zu beachten?
Fazit: Klare Nachlassregelungen für mehr Sicherheit
Der Vortrag von Steffen Vogel zeigt, wie wichtig es ist, sich frühzeitig mit den Themen Erben und Vererben auseinanderzusetzen. Ob Ehegüterstand, Pflichtteil oder Testament – eine sorgfältige Planung schafft nicht nur rechtliche Sicherheit, sondern kann auch dafür sorgen, dass der Nachlass reibungslos abgewickelt wird und Streitigkeiten vermieden werden.
Wer sich gut informiert und rechtzeitig die richtigen Schritte einleitet, kann seinen Erben die schwierige Aufgabe erleichtern und dafür sorgen, dass der Nachlass im eigenen Sinne geregelt ist. Ein professioneller Rat ist hierbei oft Gold wert und kann helfen, teure Fehler zu vermeiden.